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Nr. 13/2013, Bremen, den 28.6.2013, Nr. 379,   11 Jahre kleinmexiko.de: Danksagung

Kampfzone Plakat (2)

        
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Im ersten Teil habe ich drei Beispiele von Plakaten und 'wild' geklebte 'Stickern' fotografiert und analysiert, die mir wegen der auf ihnen abgebildeten Gewalt aufgefallen sind. Es war nicht nur schiere Brutalität, die meine Aufmerksamkeit erregt hat: Es waren auch gewaltbeladene Umdeutungen von Begriffen oder bekannten 'Figuren'.

  Es hat mich interessiert, die 'Machart' dieser Werbeprodukte zu analysieren und so meine Wahrnehmungsfähigkeit zu verbessern. In diesem Teil werde ich zwei weitere Beispiele analysieren. Schließlichn werde ich noch ein wenig darüber berichten, wie die Beschäftigung mit diesem Thema meine Wahrnehmung verändert haben könnte.

Filmplakat mit gewaltbeogenem Motiv
Dies ist der Ausschnitt aus einem Werbeplakat für einen Film, dessen (englischen) Titel man etwa mit 'Hänschen und die Riesen' übersetzen kann: Ein Däumling 'droht' einem Riesen mit einem Messer, das aus der Perspektive des Riesen nicht größer ist als eine Stecknadel. Der Riese trägt einen Helm und schaut etwas verwundert auf das Stecknadelmesser. Im Hintergrund sieht man eine aus vielen Türmen bestehende Stadt, die in einer Schlucht liegt.

  Man kann schon angesichts des Plakates eine Menge Fragen stellen: Spiegelt die dargestellte Konstellation (symbolisch) eine Situation wider, die auch in der gegenwärtigen Wirklichkeit vorkommt? Will sie eine Fluchtmöglichkeit aus der realen Welt in eine Märchenwelt anbieten? Sind 'Hänschen' oder der Riese Figuren, mit denen sich BetrachterInnen des Filmes identifizieren können? In welchem Verhältnis steht die moderne europäische Großstadt zur dargestellten Filmstadt?
Filmplakat mit gewaltbeogenem Motiv
Dies ist ein Ausschnitt aus einem Filmplakat, das eindeutig auf ein Märchen Bezug nimmt, nämlich jenem Grimmschen Märchen, das davon erzählt, wie zwei kleine Geschwister den Fängen einer grausamen Hexe entrinnen. Der Titel des Plakat legt nahe, dass es sich bei der dargestellten Frau und dem dargestellten Mann um die besagten Geschwister handeln soll. Allerdings sind sie keine Kinder mehr, sondern Erwachsene. Und sie unterscheiden sich von den klassischen Märchengeschwistern auch dadurch, dass sie schwere Waffen tragen. Die Feindin dürfte dieselbe geblieben sein: eine Hexe. Aus den Hexen-Opfern, die sich selbst befreien, werden aktive Hexen-JägerInnen.Die Hexe(n), die gejagt wird (werden), sind nicht abgebildet, sondern es ist nur der Ort des Geschehens angedeutet: der nebelverhangene Wald.
  Eine Parole, die vor dem Verzehr von Süßigkeiten (am Hexenhäuschen) warnt, nimmt zwar Bezug auf das zugrundeliegende Märchen, wirkt aber angesichts der Wehrhaftigkeit der Protagonistinnen seltsam deplaziert.
 
Man kann auch hier angesichts des Plakates eine Menge Fragen stellen: Sind die dargestellten ProtagonistInnen Figuren, mit denen sich BetrachterInnen des Filmes identifizieren können? Will der Film eine Fluchtmöglichkeit aus der realen Welt in eine Märchenwelt anbieten oder spiegelt die dargestellte Konstellation (symbolisch) eine Situation wider, die auch in der gegenwärtigen Wirklichkeit vorkommt?

Unter dem Strich einige höchst persönliche Notizen zum Thema Gewalt in der gegenwärtigen Gesellschaft: Obwohl ich ziemlich weltlich bin, habe ich eine Vorliebe für mittelalterliche und frühneuzeitliche Gemälde und Buchillustrationen, die Beispiele christlich inspirierter Demut und Nächstenliebe wiedergeben. In einem weltanschaulich gebundenen, kleinen Buchladen in der Vorstadt kaufe ich regelmäßig Postkarten, auf denen etwa der Heilige Martin als Mantelspender und der Heilige Franziskus als Botschafter Gottes bei den Tieren abgebildet sind. Vor ein paar Tagen wurde mir bei einem Besuch in diesem Laden schlagartig bewußt, dass - wohl mangels Nachfrage - gerade Motive mit solchen demütigen und friedfertigen Heiligen immer mehr aus dem Angebot des Ladens verschwinden. Die wehrhaften Heiligen mit Lanze und Schwert wie der Heilige Michael oder der Heilige Georg sind dem Angebot nach zu urteilen mehr gefragt.
 
Auf dem Heimweg mußte ich an einer großen Kreuzung halten. Ich wurde dort Zeuge der folgenden Szene: Eine nicht mehr ganz junge Radfahrerin zog mit hoher Geschwindigkeit auf der falschen Straßenseite knapp an einer alten Dame vorbei, die völlig korrekt die Kreuzung passiert hatte und nun gerade dabei war, den Fahrradweg in Richtung Bürgersteig zu überqueren. Die Radfahrerin beschimpfte die alte Dame, sie möge doch verdammt noch mal aufpassen.
  Als ich auf der anderen Seite Kreuzung angelangt war, schnappte ich im Vorbeifahren auf, wie zwei Schüler, die wohl gerade dem Grundschulalter entwachsen waren, sich erregt über die Situation in ihrer Klasse unterhielten. Ich mischte mich in ihr Gespräch ein und erfuhr nach kurzer Zeit, dass - wie sie sagten - in ihrer Klasse ‚mehr als Krieg herrsche'. Die Fronten verliefen wohl zwischen SchülerInnen aus deutschen Familien und ausländischen Familien sowie zwischen SchülerInnen, die gut beurteilt, und jenen, die weniger gut beurteilt werden. Zwischen diesen Fronten und quer dazu gab es auch scheinbar noch reichlich Nebenkriegsschauplätze.
 
Zwei Stunden später standen meine Frau und ich an einer Bushaltestelle und sahen ein Auto heranfahren, das mit einem eigenartigen Emblem verziert war: Auf der Fahrertür befand sich ein großer fünfzackiger Stern, über dessen Mitte die Darstellung eines Bohrhammers gelegt worden war. Der Bohrhammer sah einer Waffe zum Verwechseln ähnlich. Insgesamt erinnerte die Darstellung an ein Emblem, das im vorigen Jahrhundert einer Gruppe von Menschen als Markenzeichen gedient hat, die im Namen ihrer politischen Ziele schwere Verbrechen begangen haben. Dieses leicht abgewandelte Emblem diente nach Auskunft des Fahrers jetzt einer Baufirma als Logo.

Vgl.: Persönliche Notizen zu Gewalt und Werbung

Bitte werfen Sie auch einen Blick auf Charlie Dittmeiers Bericht über grausame Behandlung von Tieren in Phnom Penh. Der Bericht datiert vom 18. Juni 2007. Der Link führt auf die letzte Notiz des Tagebuches. Bitte nach unten scrollen!
 
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