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Folge 3/2005, Bremen, den 27.01.2005 (Nr. 177)  3 Jahre kleinmexiko.de: Danksagung
English summary

Wieder besucht (13)

Revisited places (13); English summary 

        
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Denn die Einen sind im Dunkeln
Und die Anderen sind im Licht
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkel sieht man nicht.
nach Bert Brecht: Dreigroschenoper


Das Hochhaus mit 13 Stockwerken, das etwa auf der Hälfte der H.-H.-Meier-Allee steht, ist eigentlich ein monströser, trister Bau. Aber die Wintersonne hat es an einem Dezemberabend in einen ungewöhnlichen Glanz gehüllt: Die zahllosen Fensterscheiben spiegeln das Licht der Abendsonne wieder. Selbst die graue und dunkelbraune Farbe des Betons wird mit dem Goldgelb des Sonnenlichts gemischt. So entsteht ein imposanter Eindruck, freilich ein falscher Schein.
 
Was sind die Voraussetzungen dafür, dass der falsche, große Glanz entstehen kann?
 
Die wichtigste Voraussetzung ist die schiere Größe, genauer gesagt Höhe, des Baues. Denn durch seine Höhe überragt er die ihn umgebende Stadtlandschaft um ein Vielfaches. Seine bodennahe Umgebung ist schon in dämmerhaftes Streulicht getaucht. Die tiefstehende Wintersonne läßt überall lange Schatten entstehen. Dem Licht ist der Weg verbaut. Doch das Hochhaus erhebt sich über diese Sphäre des Halblichtes und der langen Schatten. Es kann sich im vollen Abendlicht sonnen.
 
Eine weitere Voraussetzung für das beindruckende Lichtspiel ist die Tatsache, dass es viele reflektierende Flächen gibt, nämliche die Fensterscheiben. Auch die hellen Betonflächen werfen das Licht verstärkt zurück.
 
Das alles ergäbe immer noch kein imposantes Schauspiel, wenn kein Publikum zur Stelle wäre. Und wenn es sich nicht zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle befände. Das zu beeindruckende Auge und Gehirn muß an einem Ort sein, an den die Sonnenstrahlen und der Widerschein voll reflektiert werden. Der Mensch muß sich also in einem Bereich befinden, den die Strahlen mit ihrem flachen Ausfallwinkel erreichen.
 
Wer nahe vor dem Bau steht mag zwar vom Widerschein der Sonne auf einigen Fensterscheiben in unteren Stockwerken geblendet werden, das volle Schausspiel allen Widerglanzes wird ihm nicht zuteil. Ein gewisser Abstand ist notwendig, damit man sich von der Größe blenden lassen kann. Und der Mensch muß unten stehen, damit ihn der Glanz erreicht.
 
Und er muß - das ist banal - auf der richtigen Seite des Baues stehen, nämlich der Seite, die beleuchtet wird. Wer hinter dem Bau steht, bekommt natürlich nur die triste, aber realistischere Ansicht des Baus zu sehen. Auch wer im Bau ist, kann den Glanz nicht sehen. Er wird höchstens von der Sonne geblendet.
 
Ob und wie ein Mensch vom Anblick eines sonnenbeschienenen, aber an sich tristen Hochhauses beeindruckt wird, hängt aber noch von anderen Faktoren ab. Mit welchen Gefühlen mag ein Bremer Villenbesitzer das Hochhaus betrachten? Einem Menschen dagegen, der unter elenden Bedingungen in einem Slum von Bombay lebt, wird das Hochhaus als Ort einer möglichen Wohnung (vielleicht!!) wie ein Paradies erscheinen. Um beeindruckt zu sein, bräuchte er den Sonnenglanz (vielleicht!!) nicht. Ich stelle mir neuerdings solche Fragen, weil ich seit einigen Wochen mit Chirayu Parikh aus Pune in Indien korrespondiere. Wir weisen gelegentlich auch gegenseitig auf unsere Webseiten hin.
 
Der Besitzer eines halben Minireihenhauses in der Bremer Vorstadt (es ist die Rede vom Autor) mag ein solches Hochhaus ohne den Glanz der Beleuchtung nur als triste Mietskaserne empfinden. Für den Häuslebesitzer geht von dem Bau an sich kein Reiz aus, weil nach seinen Maßstäben von Wohnlichkeit die äußere Schale eines solchen Monstrums nichts von Heimat ausstrahlt.
 
 
Hochhaus an der H.-H.-Meier-Allee in der Winterabendsonne
 
In the late winter afternoon the sun makes the high-rise appear in a bright light./ Die Winterabendsonne macht aus dem tristen Hochhaus eine Lichtsäule.
 
Das Monströse bedarf für ihn erst der äußerlichen Überglänzung, um reizvoll zu erscheinen.
 
Jetzt höre ich Sie fragen: Und warum heißt das Ganze 'Wieder besucht'? Es heißt so, weil ich über dieses Hochhaus schon einmal einen Satz geschrieben habe. Und weil es auf einem Bild in jenem Artikel gerade noch so eben am rechten Rand hinter einem Baum zu erkennen ist.
 
Und jetzt höre ich Sie schon wieder fragen: Warum ein Farbfoto? Weil man diese Art Sonnenlicht auf Schwarz-Weiß-Bildern nur einfangen kann, wenn man - anders als ich - Profifotograf ist. Und weil kleinmexiko.de am 28.01.2005 drei Jahre alt wird.
 
Und jetzt höre ich Sie fragen: Und was war nun der Artikel mit dem einen Satz und dem Bild, an dessen Rand das Hochhaus zu sehen ist? Es war der erste Artikel All-Tägliches'Alltag in Bremen'. Es war genau wie dieser Text ein Artikel über 'fast nichts'. Er wurde Anfang Februar 2002 veröffentlicht wurde. Und er trug den Titel: Autos nachts.

vgl. auch: Seitlicher Paradiesblick
 
Besuchen Sie auch Chirayu Parikhs Webseiten. Sein Webtagebuch feiert den ersten Geburtstag.
(wird fortgesetzt)

English summary:
At a large street there is a thirteen-story drab high-rise among three-story tenement blocks. In the late winter afternoon the sun makes it appear in a bright light.
 
How come?
 
Firstly the high-rise towers is above the sphere of semi-darkness and long shadows at ground level.
 
Secondly the high-rise has many reflecting surfaces, for example windowpanes.
 
Thirdly there must be people, who watch that spectacle, at the right place, at the right moment: One must be in front of the high-rise at a quite long distance. One must be in the area of the angle of reflection of the sunrays. The right time is late afternoon in winter.
 
Fourthly one must be open to the impression of glare: How a homeless man from Bombay will feel seeing the high-rise? (I am asking such questions, because I have started a collaborative writing project with Chirayu Parikh from Pune in India. And Bombay is not so far away from Pune.) How a German owner of a villa will feel seeing the high-rise and how an owner of a villa from Bombay will feel seeing it?
 
Why I am publishing a color photo?
 
First a professional photographer is only able to take a b/w picture of evening sun. But I am not a professional photographer.
 
Second this week kleinmexiko.de reaches the age of three. To celebrate this anniversary I am publishing a color picture.
 
Why is this column called 'revisited places'? I visited this places more than three years ago. I wrote an article about it, which is called 'cars at night'. That was also an article about next to nothing, just like this text.
 
Please also have a look at the website of Chirayu Parikh. Congratulations on the first anniversary of blogging!
 
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