Ich habe mich an zwei aufeinander folgenden Tagen jeweils etwa drei Stunden in einem kleinen Einkaufszentrum aufgehalten. Das eigentliche Einkaufszentrum bestand
aus drei sternförmig zusammenlaufenden Fluren. Fast im Zentrum des Sterns befand sich ein Geldautomat. Der Fußboden der Flure bestand aus grauen Fliesen, die Wände aus rotem Klinker.
Mein Besuch fiel in die Adventszeit. Überdimensionale rote Zipfelmützen hingen von der Decke. Konventionell geschmückte Weihnachtsbäume und große, sternförmige Blumenkästen mit künstlichen Pflanzen und roten Schleifen waren aufgestellt.
Ebenfalls wegen der Adventszeit gab es auf den Fluren Verkaufsstände. Ein Händler mit osteuropäischem Akzent bot fein gearbeiteten Silberschmuck mit Halbedelsteinen sowie schicke Pullover und Kleider mit ungewöhnlichem Design an. An anderen Stände strickten älteren Damen Puppenkleider, nähten Teddies oder boten amateurhaft bemalte Gegenstände wie Spanschachteln oder Körbe an.
Im Schnittpunkt der Flure befand sich eine improvisierter Bonbontheke, hinter dem ein Mitfünfziger in hausanzugähnlicher Kleidung, einer altmodischen Brille und mit einer riesenhaften Weihnachtsmannmütze unruhig hin- und herlief und gelegentlich laut ‚Popcorn' rief. Einmal spielte er sogar auf einem Akkordeon Weihnachtslieder. Er erzählte mir, er sei bei einer Agentur angestellt, die vielfältige Angebote zur Unterhaltung von Publikum bereithalte. Doch sein Stand zog ebenso wie die anderen nur wenig Publikum an.
Das Publikum bestand in diesen Vormittags und Mittagsstunden zu einem großen Teil aus Rentnern, vereinzelten jungen Männern und Frauen und Schülern. Die meisten Menschen waren schlicht gekleidet. Ich sah viele Turnschuhe.
Eine große Fläche des Einkaufszentrums war an eine Modekette vermietet, die kleidsame, praktische, aber preiswerte Mode verkaufte. Es gab noch eine Filiale einer anderen Modekette, die den Hinweis auf den günstigen Preis gleich im Namen führte. Ferner fielen mir noch zwei eher boutiquenartige Modegeschäfte für junges, nicht unbedingt zahlungskräftiges Publikum auf. Wenigstens eines von beiden war sicher Filiale einer internationalen Modekette. In dieser Filiale standen die Kleiderständer dicht an dicht und ich meinte, die Massen an Kunstfasern fast zu riechen. Ich kann nicht sagen, wo alle diese Kleidungsstücke genäht worden sind.
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Die Herkunft der Unmengen von Plastikspielzeug, die sich in der ersten Etage in einem riesigen Spielzeugladen stapelten, konnte ich etwas näher bestimmen. Ein großer Teil kam aus China. In der Nähe der Kasse sah ich einen großen Stapel von Kartons mit einem bekannten Gesellschaftspiel, bei dem der Sieger am Ende durch Handel mit Immobilien eine Art Monopolstellung erringt.
Eine Filiale eines sehr großen Lebensmittel-Discounters belegte ebenfalls eine bedeutende Einzelfläche des Einkaufszentrums. In dieser Filiale gab es fast nur schlichte Stahlregale mit Kartons und einfachen Schildern für die sehr günstigen Preise. Dieser Laden schien ein wichtiger Magnet zu sein, der konstant Publikum anzog.
An der Kasse eines Buchladens sah ich ebenfalls mehrfach eine Warteschlange. Das Geschäft war mit ansprechenden aussehenden Regalen ausgestattet, die einzelnen Themengebieten zugeordnet waren. Der Boden war mit schönem Teppich ausgelegt. Es gab eine Art Leseecke. Die im Verhältnis zur Ladenfläche große Mannschaft bemühte sich sichtbar darum, die Kunden gut und ausführlich zu beraten.
Es gab natürlich auch noch andere erwähnenswerte Läden, wie etwa einen Friseur, ein Reisebüro, einen Bäcker und auch drei oder vier leerstehende Läden. Am Ende soll aber noch über den Toilettenmann berichtet werden. Er war schon im Rentenalter und sprach gebrochen Deutsch mit russischem Akzent. Er sagte mir, dass sein Sohn als Ingenieur in New York arbeite und seine Tochter Zahnärztin in der Ukraine sei.
vgl.
Plätze 13
Begegnungen 6
Bitte lesen Sie auch Charlie Dittmeiers Bericht über einen Besuch auf einem Markt in der Nähe seines Hauses in Phnom Penhs.
Bitte beachten Sie auch die Informationen der internationalen Plakatgruppe Loesje, die junge Menschen in Europa und Asien zu Botschaftern der sogenannten UN-Milleniumsziele für Armutsbekämpfung ausbildet.
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Freitag, den 2.1.2009
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