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Folge 14/2003, Bremen, den 06.03.2003 (Nr. 93) 1 Jahr kleinmexiko.de: Danksagung Wg. technischer Umstellung beim Provider nächste Folge Mittw., den 12. März 2003 |
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ALLTAG IN BREMEN
FOLGE 014-03: GEHÖR FINDEN (5) ÜBERSICHT: ALLE FOLGEN 'ALLTAG IN BREMEN' DIE HEFTE KLEIN MEXIKO ALS ORT DAS ECHO KLEIN MEXIKO IM KOPF KATZEN-POST SITEMAP |
06.03.2003
Heute morgen fahre ich ab 5:20 Uhr mit der Linie 25, zunächst von der Stader Straße stadtauswärts Richtung Tenever, mit meistens geschlossenen Augen. Ich mache gleich den Fehler, mich ganz nach hinten auf die letzte Bank über dem Motor zu setzen. Bei jedem Anfahren werde ich ordentlich durchgerüttelt. Der Motor knurrt mir dröhnend in die Ohren. Es riecht ein wenig nach Öl. Plastikteile klappern in trockenem Ton über mir. Bei größeren Unebenheiten in der Fahrbahn vernimmt man irgendwoher zwei, drei dumpfe Schläge. Vor mir ein schnell vibrierender Ton. Ich drücke das Knie kräftig gegen die Rückenlehne der Sitzbank vor mir. Das Geräusch verschwindet. Sobald ich loslasse, ist es wieder da. Auf den Gong und die Haltestellendurchsage folgt nur etwa an jeder dritten oder vierten Haltestelle auch ein Halt. Die weibliche Stimme vom Band ist sachlich, manchmal laut und hart, zum Beispiel beim 'T' am Wortanfang . Die Fahrgäste schweigen. Der Mann vor mir schnaubt manchmal leise, blättert geräuschvoll seine Zeitung um. Wenn die Türen bewegt werden, ertönt Zischen. Bevor der Bus anfährt, erklingt diskret, aber doch deutlich wahrnehmbar ein seltsamer, kurzer, elektronisch erzeugter Ton, der sich in einem Sekundenbruchteil aus der Mittellage in die Höhe schwingt. Er gleicht einem kurzen bestätigenden Handzeichen: 'Türen sind zu. Los gehts!' Ähnlich ist auch der Ton, der während Fahrt erklingt, wenn ein Gast per Knopfdruck einen Halt anfordert. Hier über dem Motor höre ich nicht einmal Geräusche von draußen, wenn die Tür aufgeht. Nur das Donnern eines Lastwagens, der den Bus überholt, dringt durch das Fenster bis zu mir. Der Bus macht in der Frühe einen Umweg: Er lädt seine menschliche Fracht vor den Toren des großen Automobilwerkes aus, das Luxuswagen mit unvergleichlicher Laufruhe produziert. Danach geht es weiter durch die Schlafstädte, vorbei auch an solchen Wohntürmen wie in der Neuwieder Straße. Kurz vor sechs sind wir an der Endhaltestelle. Ich steige aus. Der Fahrer stellt den Motor ab. Einen Augenblick lang dröhnt es noch in meinem Kopf nach. Ein Vogel schlägt an. In der nahegelegenen Halle einer Firma rauscht leise ein Ventilator. Aus der Dunkelheit kommt geräuschlos ein Fahrrad näher. Als es vielleicht noch fünf Meter entfernt ist, höre ich das etwas ungleichmäßige Surren des Dynamos. Wir fahren um kurz nach sechs Uhr zurück. Jetzt setze ich mich in die Mitte. Der Motor ist nur noch als Brummen wahrnehmbar. Die Fahrgäste schweigen immer noch. Doch das Husten, Schnauben, Brummeln und Grunzen nimmt zu und fällt umso mehr auf. Einen Augenblick lang fühle ich Traurigkeit und Beklemmung. Als die Tür einmal wieder auf geht, dringt ein Rauschen und ein Luftzug bis zu mir durch. Mir wird bewußt, dass ich seit einer knappen Stunde fast immer nur in einer Blechkiste gesessen habe. |
[M]
Um viertel nach sechs setzt das erste Gespräch ein, auf Polnisch, und zieht sich fast eine halbe Stunde lang hin. Um zwanzig nach sechs lacht das erste Mal jemand. Und um halb sieben setzt der erste Walkman mit bassreicher Popmusik ein. Vor mir riecht ein Mensch nach Badezimmer. Als wir die Schlafstädte passiert haben und in die Vororte um das Zentrum herum zurückkommen, höre ich das erste Mal das Schnappen und Piepen des Stempelautomaten, ein ziemlich sicheres Zeichen, dass jetzt nicht nur mehr die Monatskartenbesitzer die Bänke füllen. Es tagt. Das Quietschen der Bremse und das Ticken der Fahrtrichtungsanzeige sind jetzt häufiger zu hören. Der Bus windet sich durch die Innenstadt. Das Zentrum an der Domsheide begrüßt uns mit dem Rütteln und Klappern, das das Kopfsteinpflaster auslöst. Als wir diesen zentralen Umsteigeplatz hinter uns gelassen haben, also irgendwann um sieben Uhr herum, höre ich den ersten Menschen im Bus fröhlich pfeifen.Wir nähern uns dem Weidedamm, der Endstation. Für den Rest der Reise, der um viertel nach sieben beginnt, setze ich mich jetzt nach vorne. Jetzt höre ich das Klappern des Fahrgeldes auf dem Zahlbrett. Die Menschen werden freundlicher.Sie bedanken sich, wenn der Busfahrer ihnen kurz vor der Abfahrt noch die Tür öffnet. Manche Fahrgäste sagen auch schon mal 'Guten Morgen'. Selbst im Betriebssprechfunk vernimmt man jetzt gelegentlich ein 'Danke'.Der Busfahrer ist ohnehin gut gelaunt, und freundlich. Ab und an gibt er mit einer launige Antwort das Restgeld heraus: 'Und einen Zentner zurück'. Gelegentlich aber ermahnt er auch, z.B. ein junges Mädchen, das seinen Walkman allzu laut aufgedreht hat. Als ich gegen zwanzig vor acht an der Stader Straße wieder aussteige, weht mir die kühle Morgenluft mit einem leisen Rauschen in die Ohren. wird fortgesetzt vgl.: Fundsachen 2 Fotonotizblock: Stadt im Dunkeln (1) Fotonotizblock: Stadt im Dunkeln (2) Nächste Folge 'Alltag in Bremen': !!Mittwoch, den 12.03.2003!! < vorige Folge nächste Folge > Archiv: Alle Folgen 'Alltag in Bremen' Hinweis: Die Zeitschrift EPOCHE, die ich im November letzten Jahres vorgestellt hatte, ist jetzt online unter www.epoche-online.de. |
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