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Folge 51/2002, Bremen, den 21.08.2002     Weiterhin lesenswert: 'Bahnhofsmission'
        
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Schon von den umliegenden Straßen (vgl. auch Schneisen 1) führen ein lauschige Wege in das Kleingartengebiet hinein.

Zwischen Steubenstraße, Konrad-Adenauer-Allee, Ostpreußischer Straße und Gleisanlagen befindet sich eine Kleingartensiedlung. Dieser Laubenkolonie hat Klein Mexiko einen Besuch abgestattet. Durch die Siedlung führt ein breiter befestigter Weg, die Tannenbergstraße. Ein kleinerer Teil der Gärten liegt südlich dieser Straße, der größere nördlich. Dieser nördliche Teil wird von einer Vielzahl kleiner, verwinkelter, lauschiger Wege durchzogen, die teilweise sogar noch mit Gras bewachsen sind. Selten findet der Besucher auf den Wegen und kleinen Plätzen eine Bank.


Wer über die Gleise der Linie 1 hinweg von der Konrad-Adenauer-Allee auf die Kleingärten schaut, bekommt einen Eindruck von der Verschiedenartigkeit der Hecken,Zäune und Häuschen.

Die Zäune und Hecken sind hier keineswegs gleichmäßig. Einmal gibt der bloße Maschendrahtzaun den Blick auf bunte Blumen und prachtvolle Früchte frei, an einer anderen Stelle ist der Draht mit einem durchsichtigen Geflecht rankender Pflanzen bewachsen und ein paar Meter weiter verschwindet alle Herrlichkeit Edens hinter einer dichten Buchsbaumhecke. Hinter den Zäunen und Hecken wirken die Lebenskräfte der Natur und die kreativen Gestaltungskräfte des Menschen zusammen: Mancher kleine Blumengarten ist eine kunstvolle Zusammenstellung von Farben und Formen, auf größeren Flächen teilen sich Zier- und Nutzpflanzen das Terrain und sehr große Parzellen verfügen oft über einen respektablen Rasen, der von Rabatten gesäumt wird. Ich habe nur wenige verwilderte Gärten gesehen.

Oft wird das Auge von Details angezogen. An einer Pforte ist ein Gedicht des Gartenliebhabers Hermann Hesse angebracht. Ein anderes Tor wird gekrönt von zwei springenden Pferden, deren Silhouetten aus Eisen geschnitten sind. Keine Laube ist wie die andere: Manchmal ist es nur ein kleines Holzhüttchen, kaum größer als ein Geräteschuppen. Es gibt aber auch überaus romantische Datschen: Ein dunkelbraunes Holzhaus etwa hat an der Frontseite gepflegte, altertümliche Sprossenfenster. Zwischen ihnen befindet sich eine grüne Tür mit Fenstern, die nach oben in einem Bogen abschließen und mit Strukturglas versehen sind. Über der Tür hängt eine laternenartige Lampe. Wer das Haus verläßt, tritt zunächst auf eine kleine Terrasse. Von dort kann man den Rasen überblicken, der von Beeten mit Rosen, Begonien und Obstbäumen umrahmt wird. Es gibt natürlich auch Steinhäuser - in allen Variationen: Da ist der winzige, weißgestrichene Würfel mit einem Teerpappedach und ein einem Fensterchen zum Weg hin. Gleich nebenan findet man ein doppelt so großes Häuschen mit schmuckem Ziegeldach.

 
Und die Parzellisten selbst? Zunächst habe ich da Bilder vor Augen: Ein junger Vater hebt sein Kind hoch und läßt es einen Apfel vom Baum pflücken. Eine ältere Dame sitzt vor einem Häuschen, neben ihr eine junge Mutter. Das Kind spielt im Garten. Natürlich habe ich über manchen Zaun hinweg ein Schwätzchen gehalten, vor allem mit Menschen im Rentenalter, die ich hier oft angetroffen habe. In den Gesprächen, deren Inhalt vielleicht nicht repräsentativ ist, kamen verschiedene Themen immer wieder vor: Die Kleingärten sind gerade für die kleineren Kinder ein Ort, an dem sie der Natur viel näher sind als in der Umgebung der Stadtwohnung.

Sie genießen den Freiraum, den sie hier für ihr Spiel haben. Dennoch ist die Nachfrage nach Parzellen wohl nicht mehr so groß wie noch vor einigen Jahren. Etliche Gesprächspartner verweisen darauf, dass es im Gegensatz zu früher keine Wartelisten mehr gebe. Eine junge Mutter deutet an, was vielleicht andere Menschen Ihrer Generation davon abhalten könnte, so wie sie einen Garten zu pachten: Ihrer Ansicht nach seien die Statuten der Vereine oft zu reglementierend, als dass junge Menschen damit problemlos umgehen könnten. Da sei gelegentlich bis ins Detail vorgeschrieben, wie was gestaltet werden müsse. Ein Kriterium sei zum Beispiel, dass ein Drittel der Parzelle Nutzgarten sein müsse. Nach meiner Beobachtung wird aber diese Auflage auch nicht so streng eingehalten. Und ich muß wieder an das Kind denken, das den Apfel vom Baum pflückt. Es erfährt durch Beobachtung, dass der Mensch die Mittel zum Leben erst pflegen und reifen lassen muß, bevor er sie - gegebenfalls - ernten oder kaufen kann. Vielleicht steckt hinter dem ganzen auch ein Generationenkonflikt zwischen der Gründergeneration, die noch die Entbehrungen des Krieges und der Nachkriegszeit erlebt hat, und den Spätergeborenen, die mit der Welt des Konsums großgeworden sind und in einem Kleingarten eher einen verlängerten Vorgarten sieht, den man zwar pflegen aber nicht unbedingt 'beackern' muß. Der Garten könnte vielleicht etwas mehr Ort des Stressabbaus als Acker geworden sein. Eine andere Sorge plagt junge wie ältere Parzellisten: In die Häuschen wird - fast im Wortsinne - reihenweise eingebrochen. Dabei gibt es dort nun wirklich keine Wertgegenstände, die ein Verbrechen 'lohnten'. Daher sind viele Fenster jetzt mit schmiedeeisernen Gittern gesichert.


Von Schnecken zerfressenes Gemüse

Andere natürliche Eindringlinge sind damit freilich nicht fernzuhalten: Die Hitzewellen und der starke Regen haben in diesem Jahr zahlreiche Parasiten gedeihen lassen. Die Wachstumsbedingungen für die Früchte waren alles andere als ideal. Ein Parzellist zeigt mir von Schnecken zerfressenenes Gemüse. Ich sehe: Ein Kleingärtner muß schon einiges an Enttäuschungen verkraften können

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