Zu diesem Foto gehört ein Erlebnis, das man nur schwer mit technischen Mittel festhalten kann: Ich war neulich nachts in einem Stadtteil unterwegs, in dem es zu jener Zeit fast immer sehr still ist. Ich hörte irgendwann das Schreien von Wildgänsen. Unwillkürlich blieb ich stehen. Als die Tiere, offenbar in nicht allzu großer Höhe über mich hinwegflogen, konnte ich das Rauschen ihrer Flügelschläge hören. Das Schlagen eines Flügelpaares hätte ich sicher nicht wahrnehmen können, aber das mehr oder weniger synchrone Auf und Ab vieler Dutzender Flügelpaare versetzte die Luft in eine rhythmische Schwingung, die auch ein Menschenohr erreichte. Die Stadt ist fast immer zu laut, um das Flügelschlagen zu hören. Merkwürdigerweise übertönt gerade der Lärm, den die Menschen mit Fortbewegungsmitteln wie Autos, Zügen und Flugzeugen produzieren, die viel leiseren Bewegungsgeräusche der tierischen Nomaden.
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Fern-Flug-Reisen, wie die Wildgänse sie unternehmen, kann der Mensch ohnehin nur mit vergleichsweise monströsem Aufwand zustande bringen: Wer ein Flugzeug bauen will, das Dutzende Menschen über weite Strecken tragen soll, muss aus der Erde unter nicht geringem Aufwand eine große Menge Rohstoffe hervorzerren. Riesige Bauten und Anlagen werden errichtet, damit die Flugzeuge landen und starten können. Zwischen Start und Landung blasen die Motoren der Maschinen gewaltige Mengen an Abgasen in die Luft. Die Wildgänse atmen lediglich ein und aus. Wäre angesichts der tierische Leichtigkeit und der menschlichen Monströsität nicht ein wenig Bescheidenheit angebracht? Aber die Menschen sorgen schon vor für ihr Selbstbewußtsein: Sie machen einfach soviel Krach, dass sie das feine Geräusch, das sie bescheiden machen könnte, nicht mehr hören.
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