Mag sein, dass es schon früher solche großen Schilder in Klein Mexiko gegeben hat, mit denen Immobilien-Makler vor Häusern geworben haben, die sie verkaufen wollten. Ich habe das jetzt das erste Mal gesehen.
Die Größe des Schildes wirkt in meinen Augen angesichts der Größe des Hauses überdimensioniert. Aber die Größe des Hauses ist auch nicht das, was im Verhältnis zur Größe des Schildes steht. Es ist vielmehr der Kaufpreis für solche Immobilien, der in den letzten Jahrzehnten und vor allem in den letzten Jahren sehr angestiegen ist. Selbst für Häuschen, deren Erhaltungszustand mit angejahrt beschrieben werden kann, wird ein Kaufpreis von 200 Tsd. Euro und mehr wenigstens anvisiert.
Da braucht es eine solvente Kundschaft: also etwa Staatsbedienstete mit sicherem und meist hohem Gehalt. Darunter sind nicht selten akademisch gebildete Menschen, auch aus pädagogischen Berufen. Für große Familien sind die Häuser nicht geeignet, eher für gesetzte Leute, oft auch Singles, am Ende ihres Berufslebens. Bei Ehepaaren sind die Kinder aus dem Haus. Also: Ein Milieu, das überdurchschnittlich der Partei der 'Grünen' zuzuordnen ist. Thomas E. Schmidt schreibt unter dem Titel 'Das Grün sucht seinen Weg' in der Zeit online vom 22. Mai 2019: ''Das Milieu ist demoskopisch gut durchleuchtet: Überdurchschnittlich viele Hochschul- und Fachhochschulabgänger sind darunter, mehrheitlich Frauen und Stadtbürger. Ihr Einkommen ist solide Mitte; viele sind Beamte und Angestellte, ganz viele arbeiten im öffentlichen Dienst.''
Nach meinen schmalen Einblicken ist dieses Milieu in Klein Mexiko weit gefächert: Da sind zunächst einmal rein demografisch gesehen etwa gut positionierte AngestelltInnen, betuchte PensionärInnen und UnternehmerInnen.
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Unter dem Gesichtspunkt ihrer gesellschaftlichen Aktivitäten gliedert sich diese Gruppe weiter auf. Etliche dieser Leute verbindet, dass sie unter großen Anstrengungen den ökologischen Gedanken über ihre Arbeit oder politisches Engagement in die Gesellschaft hineintragen wollen. Oft sind es Menschen, die aus diesem Engagement nicht viel Aufhebens machen, sondern einfach nur etwas tun. Dennoch liest man dann und wann vielleicht etwas über ihr Tun in der Zeitung. Wenigstens aber verrät mancher Vor- oder Hintergarten, dass die HausbewohnerInnen an die Bedürfnisse der Vögel und Insekten denken und um den Wert von Baum und Strauch für das (Stadt-) Klima wissen.
Eine weitere Gruppe sind Leute, die (nach außen hin) strenge ökologische Postulate vertreten, wenn es aber keiner sieht, verbrennen manche dieser Vorbilder bei anderen Gelegenheiten wie etwa einer Urlaubsreise soviel fossile Energien, dass die Nachbarin mit ihrem Kleinwagen damit fast um die halbe Welt fahren könnte.
Zwischen den Extremen der ernsthaft Engagierten und der Scheinheiligen gibt es – wie überall – die Masse der ParteigängerInnen, die wohl guten Willens, aber nicht so recht entschlossen oder in der Lage sind, über die Ausübung des Stimmrechtes, das gelegentliche Schreiben eines Leserbriefes oder das Öffnen des Geldbeutels für eine Spende hinaus etwas für ihre favorisierten Ideen zu tun.
Irgendwann wird möglicherweise das solvente Publikum die große Mehrheit bilden und dann ist Klein Mexiko nur noch ein hohle Bezeichnung, deren proletarisch-revolutionärer Hintersinn mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Anderenorts heißt so etwas Gentrifizierung: Die Zeichen stehen auch politisch dafür.
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