Auf einem Bahnsteig des Zentralen Straßenbahn- und Busbahnhofs in Bremen steht eine Gruppe von Menschen, die mir auffällt: Es sind eine Familie und drei männliche Begleiter. Alle scheinen mir Fremde zu sein, vielleicht Ost- oder Südeuropäer.
Der Familienvater ist schlank, fast ausgezehrt. Sein gebräuntes, zerfurchtes Gesicht ist fahl, der Blick ernst und etwas abwesend. Er wirkt erschöpft. Die Kleidung ist schon ein wenig abgetragen und für den Bremer Sommer doch wohl zu leicht. Auf dem Rücken trägt er einen großen Rucksack, um die Hüften eine offenbar neue Gürteltasche. Die Mutter, klein und rundlich und ebenso sommerlich, aber in Schwarz gekleidet, verschwindet fast in der Menge der Wartenden. Die drei Söhne sind im Jugendlichenalter, aber beinahe noch Kinder. Ihre Trainingshosen und ausgeleierten T-Shirts schlackern um ihre schmalen Körper. Ihr Blick verrät mehr Angst als kindliche Neugier. Sie bleiben ganz nah bei den Eltern.
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Die Ihre drei männlichen Begleiter bieten ein ganz anderes Bild: Der Auffälligste von ihnen ist breitschultrig und sportlich modern gekleidet. Der Schädel ist kahlrasiert und steht in seltsamem Gegensatz zu einem dichten, schwarzen Vollbart mit Koteletten. Neben ihm steht ein weiterer kräftiger Mann, der eine gelbe Warnweste trägt. Er redet gelegentlich kurz auf den Vater ein wie jemand, der einen Unwissenden instruieren muss. Der Dritte im Bunde, der unter dessen schicker Windjacke sich ein dicker Bauch wölbt, ist offenbar der Spaßvogel der Truppe: Er versucht den Kahlköpfigen mit irgendwelchen Scherzen zu beeindrucken.
Als der Bus kommt, steigen alle ein. Die drei Begleiter scherzen untereinander und führen ein Macho-Gehabe auf, ohne die Familie noch im Geringsten zu beachten. Sie wird fast wie ein Gegenstand mitgeführt. Wo mag ihr Weg sie hinführen?
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