Ich habe einen kleinen Spaziergang durch ein Quartier unternommen, das unmittelbar an die City grenzt. Ich bin mit der Straßenbahn in dieses Viertel gefahren. Von der Straßenbahn aus fiel mein Blick auf den Eingang eines Verbraucher-Marktes, vor dem ein Bettler saß. Ein solcher Bettler war mir vor ein paar Jahren noch eine Kolumne wert. Heute ist er eine alltägliche Erscheinung.
Mein erster Weg in jenem Quartier führt mich in eine Buchhandlung. Die Buchhändlerin ist erfreut darüber, dass ein neu eröffneter große Supermarkt mit Lebensmitteln aus biologischem Anbau Menschen in das Viertel ziehe. Ich gehe also auch in den Supermarkt. Der riesengroße Verkaufsraum ist gut ausgeleuchtet und in dezenten Farben gehalten. Ein großer Teil der Ladeneinrichtung ist aus hellem Holz. Das Angebot an Lebensmittel ist ähnlich vielfältig (und vielleicht auch fragwürdig) wie im ‚normalen' Supermarkt. Die Waren sind natürlich teurer als konventionell erzeugte Produkte. Ich versuche mich zu erinnern, welche Geschäfte vorher dort gewesen sind: Ein Waschsalon und ein Fahrrad-Geschäft fallen mir ein.
Gegen elf Uhr (vormittags) stehe ich vor einem Cafe, das etwas mehr als einem Jahr eröffnet wurde. Seine Inneneinrichtung erinnert an die bürgerlichen Wohnzimmer vor dreißig oder vierzig Jahren. Auf diesen alten Sesseln sitzen oft junge Leute vor einer Tasse Kaffee und einem Laptop, aber erst ab zwei Uhr nachmittags.
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An einer Ecke hat ein Feinkost-Geschäft eröffnet. Ich werfe einen Blick auf das Weinregal und muß feststellen, dass ich mir kaum eine Flasche aus dem Sortiment leisten könnte. Schon zuvor hatte mich ein Blick auf die Kleider der Kunden belehrt, dass ich hier falsch bin. Der Inhaber sagt mir, dass sich die Bedingungen für sein Geschäfte verbessert hätten, weil sich zum Beispiel auch ein aus seiner Sicht attraktives Cafe in der Nähe angesiedelt habe.
Nachdem ich den Laden verlassen habe, fallen mir einige andere Geschäfte für wohlhabende Kunden ein, die in den letzten Jahren im Quartier eröffnet worden sind. Ein Goldschmiedeladen ist in die Räume eines ehemaligen Schreibwarengeschäftes eingezogen. Ein Geschäft für exklusive Kindermode ist eröffnet worden.
Um mir ein paar Notizen zu machen, geh ich in ein Café, dessen Innenraum durch Milchglasscheiben vor Blicken geschützt ist. Die ganze Inneneinrichtung ist karg. Im Hinterzimmer flackern ein paar Spielautomaten. Im Gastraum sind nur drei Personen. An der Decke hängen zwei Fernsehgeräte, in denen türkische Programme laufen. Ich frage nach den Milchglasscheiben. Man sagt mir, Familienväter, die hier Karten spielen würden, möchten lieber nicht von draußen gesehen werden.
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