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Folge 49/2002, Bremen, den 14.08.2002     Weiterhin lesenswert: 'Bahnhofsmission'
        
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Eingang des Stiftes vom Breitenweg

Die Höfe des St.-Remberti-Stiftes liegen mitten in der Stadt, zwischen dem Breitenweg und der Straße 'Am Dobben', zwischen Rembertistraße (vgl. auch 'Linie 1' Rembertistraße) und Hoppenbank. Das St.-Remberti-Stift geht auf ein Lepra-Hospital aus dem Jahre 1308 zurück. Im 16. Jahrhundert hat sich das Stift zu einer Einrichtung entwickelt, in der man - nach Zahlung eines sogenannten Einkaufsgeldes - im Alter versorgt wurde. Die heutigen Gebäude sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet worden. Sie enthalten 100 Wohnungen unterschiedlicher Größe (1,5- bis 4-Zimmer) für Menschen, die in der Regel mindestens sechzig Jahre alt sein müssen und im Stift ihren Lebensabend verbringen wollen. Auf dem Gelände befindet sich ebenfalls ein Gebäude der Bremer Heimstiftung, in das Bewohner des Stiftes umziehen können, wenn sie intensiverer Pflege bedürfen, als sie in der Wohnung des Stiftes zu leisten wäre.
Warum sind aber nun die Höfe des Stiftes für mich ein Ort, an dem mich die verschiedenartigsten Nachrichten der Welt kaum ereichen?

Zunächst einmal dringt der Lärm der Stadt nur noch so gedämpft hierher, dass ich wahrzunehmen vermag, wie der Wind in den Blättern einer sehr alten Blutbuche rauscht, die in einem der Höfe steht. Es ist beruhigend, einem Lebewesen nahe zu sein, das sehr viele Jahrzehnte Zeit hatte zu wachsen. Die Bewegung der Blätter, des Grases, der zahlreichen Blumen und der Schmetterlinge ist hier manchmal die einzige Bewegung die BesucherInnen wahrnehmen können. Es gibt nur wenig Verkehr. Autos dürfen hier ohnehin nicht durchfahren oder (ohne triftigen Grund) geparkt werden. Gelegentlich sieht man BewohnerInnen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Auch die Gestaltung der Wege selbst vermittelt Ruhe. Die schmaleren Durchgänge durch die parkähnlichen Höfe und zu den Wohnungen sind nicht asphaltiert, sondern mit Backsteinen von warmer roter Farbe gepflastert. Hier weht BesucherInnen das autolose, neunzehnte Jahrhundert an. Eine Atmosphäre, die auch durch die Vorgärten, Aufgänge und Fassaden vermittelt wird.
 

Blick auf eine Blutbuche durch den Eingang Rembertistraße

Die Häuser erreicht man oft erst, nachdem man ein paar Stufen zum Vorgarten und einige weitere Stufen vom Vorgarten zur Haustür erklommen hat. Die Menschen wohnen hier im auch äußerlich sichtbaren Abstand zum öffentlichen Raum. Die Fenster in den relativ einförmigen Fassaden haben eigene Gesichter: Die Gardinen sind gepflegt und - je nach individuellem Geschmack - liebevoll aufgehängt. Fast überall sieht man Blumen oder Fensterschmuck. Es sind aber überall private Wohnräume, auf die man blickt. Das Geschäftliche, die Werbung und der damit verbundene Trubel ist verbannt. Dennoch ist es hier nicht 'tot': Im Sommer sieht man gelegentlich Bewohner in der Vorgärten sitzen und verschiedenen Beschäftigungen nachgehen. Die öffentlichen Grünflächen werden von BewohnerInnen liebevoll gepflegt. Besonders eingeprägt hat sich mir das Bild, wie eine alte Dame ein kleines Beet bearbeitete. Ich konnte spüren, dass hier ein Mensch ganz an seine Aufgabe hingegeben war und sich für sein Werk Zeit nahm. Zeit haben die Menschen hier. Bei meinem letzten Besuch konnte ich beobachten, dass ein älterer Herr eine dreiviertel Stunde ganz ruhig allein auf einer Bank saß und seinen Gedanken nachhing. Die Menschen haben auch Zeit für ein Gespräch.

Mit Frau K., die seit vier Jahren hier in einer gut ausgestatteten Zwei-Zimmer-Wohnung lebt, habe ich mich lange unterhalten - über ihren ehemaligen Beruf als Altenpflegerin, über das Stift und über ihren Kater, der ebenfalls im Stift wohnt. Das Gefühl der Ruhe, das von solchen Gesprächen ausgeht, nehme ich ein wenig mit aus dem Stift heraus in meinen Alltag.


wird fortgesetzt

vgl. auch Linie 1

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