Ich sagte es schon: Das eigentliche Thema dieser Website ist die Erforschung der Beschaffenheit von Wahrnehmung. Eine Stellgröße bei Erforschung der Wahrnehmung ist neben dem Raum natürlich die Zeit: Fast jeder städtische Raum sieht zu verschiedenen Tageszeiten verschieden aus.
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Ich habe mich am Morgen des 8. Juni 2020 ein zweites Mal aufgemacht, um nachzusehen, was mir zwischen 7:00 und 8:00 Uhr im 'Viertel' auffällt. Es war wieder keine große Expedition (die habe ich schon vor fast zwanzig Jahren absolviert), sondern eher eine Stippvisite wie auch der vorherige Besuch.
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Ziemlich neu: Wasserspender auf dem Ziegenmarkt, dem zentralen Quartiersplatz
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Auf dem Ziegenmarkt vor einem großen Supermarkt ist ein Trinkwasserspender aufgestellt worden. Er befindet sich somit in unmittelbarer Nähe des Platzes, an dem sich regelmäßig Menschen sammeln, die - nun sagen wir es so - vielleicht nicht gerade völlig in der Mitte der Gesellschaft stehen.
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Manche dieser Menschen bitten auf verschiedene Art und Weise das Passanten- und Kundenpublikum um Almosen. Unter den Leuten, die sich in diesem Areal aufhalten, mag auch die eine oder andere Person sein, deren Zuhause 'die Straße' ist und für die Zugang zu sauberem Frischwasser nich selbstverständlich ist.
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An der Umzäunung des Roland hängt Transparent, das das Publikum auffordert, sich für menschenwürdige Lebensbedingungen von Flüchtlingen einzusetzen. Unter den Rathausarkaden schläft ein Mensch auf einer Steinbank (Mitte rechts im Bild).
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Zunächst gilt es, den Inhalt des Tranparentes wiederzugeben: ''Merkel: Jedes Leben zählt./ Schwarze Menschenleben zählen/ Black Lives Matter!/Flüchtlingsleben zählen:/ Ob im Mittelmeer oder in den Lagern!/ Jedes Menschenleben zählt!/ Fang was an! Setz was in Gang! Start now!'' Das Transparent weist auf ein schweres humanitäres Problem hin.
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Es macht aber wie viele andere ähnliche Hervorbringungen keine konkreten Handlungsvorschläge über ein unbestimmtes 'was' hinaus.
Im Hintergrund schläft jemand, ganz in Weiß gehüllt, unter den Arkaden des Rathauses: Ist es ein Obdachloser oder ein gestrandeter Partygänger?
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Ein Obdachloser schiebt im Morgenlicht sein Hab und Gut über den Altenwall.
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Diese Bild spricht für sich.
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Wer wollte es kommentieren?
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Symbolbild: Leerstand an der Hauptstraße im Viertel
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Unter dem Vordach eines solchen leerstehenden Geschäftes übernachten oft Obdachlose. Ich habe an diesem Morgen einen Obdachlosen gegrüßt, der unter einem anderen Vordach gerade sein Lager abbaute.
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Er grüßte freundlich zurück. An einem anderen Morgen wagte ich es nicht, ihn anzusprechen, weil er wilde, laute Reden führte, als ich vorbeikam.
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Sitzplatz eines Bettlers vor einem Discounter im Viertel
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Ich mache noch einmal (wie schon bei der letzten Stippvisite) Halt beim Bettler vor dem Discounter. Er hat seinen Sitzplatz mit Isomatte und Geldtopf vor dem Eingang schon
vorbereitet.
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Bei diesem Besuch fällt mir ein Buch ins Auge, das er sich rechts auf seiner Isomatte schon bereitgelegt hat.
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Geschlossenes und geräumtes Antiquariat im Viertel
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Apropos Bücher: Nun hat nach zwei anderen Antiquariaten an der 'Meile' ein weiteres seine Pforten geschlossen. Das Geschäft mußte wegen der Pandemie lange schließen.
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Das dürfte zur endgültigen Aufgabe beigetragen haben. Dazu kommt in der Branche die Konkurrenz durch Online-Buchhandel und den Vertrieb digitalisierte Bücher.
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Vgl. auch:
Viertel vor acht (1)
Viertel vor sechs (1)
Viertel vor sechs (2)
Ein Morgenspaziergang
Neues aus dem Viertel (1)
Neues aus dem Viertel (2): Von Armut und Bettelei
Neues aus dem Viertel (3): Von Armut und Bettelei
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Nächste Folge 'Alltag in Bremen'
Freitag, den 2.10.2020
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