Der folgende Text gibt nur die Eindrücke wieder, die ich in ein paar Minuten während eines Einkaufs in der Vorstadt gesammelt habe. Ich schreibe sie aber auf, weil ich in den Minuten ein erstmaliges Erlebnis hatte: Nie zuvor hatte ich auf dem kurzen Gang durch das Viertel so viele Bettler gesehen.
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Zunächst sah ich vor einem Geschäft einen Mann mit verdreckter Kleidung sitzen, der in seine roten, geschwollenen Händen einen Pappbecher für milde Gaben hielt. Sein Gesicht wirkte wach und nüchtern. Keine Flasche war zu sehen. Er rührte mich. Ich warf ihm das bißchen Kleingeld, das ich noch im Geldbeutel hatte, in sein Sammelgefäß. Als ich sah, dass noch eine kleine Münze vorhanden war, kehrte ich um und gönnte ihm auch noch das Geldstück. Er reagiert sehr dankbar auf die Gabe.
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Ein paar Meter weiter saß auf dem Bürgersteig eine in sich zusammengesunkene Gestalt. Auf ihrem Schoß lag eine Bierflasche. Das Gesicht war kaum zu erkennen.
Wir wechselten die Straßenseite, um noch ein Geschäft aufzusuchen. Als wir es wieder verließen, sahen wir vor dem Eingang einen jungen Mann stehen, der dem Publikum einen Pappbecher entgegenhielt. Wenn man sich den Becher wegdachte, sah er aus wie ein junger Student in salopper Kleidung. Wenige Meter links von ihm saß 'über Eck' eine der quartiersbekannten Elendsgestalten in zerrissener, dreckiger Kleidung. Neben ihm lagen Plastiktaschen mit seinem Hab und Gut. Vor ihm stand der unvermeidliche Pappbecher. Beide bildeten ein seltsames Paar von Konkurrenten.
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Es ist uns kein Mann und keine Frau in gepflegter Alltagskleidung begegnet, die uns mit fremdländischem Akzent ein mitleidheischendes 'Biiiitte' zuriefen und dann einen einschlägigen Becher entgegengestreckten. Stattdessen überwogen die sitzenden Elendsgestalten mit Händen, die Obdachlosigkeit verrieten.
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