Man sagt, dass der meteorologische Klimawandel auch mit der Zunahme von extremen Wetterereignissen verbunden sei. Vielleicht gilt ähnliches auch für einen unter Umständen schleichenden Wandel des sozialen Klimas. Ich wurde jedenfalls im Verlauf von ungefähr einer Woche Zeuge von etlichen Ereignissen, die ich als solche und bisher erst recht nicht in der Häufung wahrgenommen hatte. Zunächst erlebte ich vor etwa einer Woche, wie morgens vor einer Tankstelle ein älterer Mann schrie: 'Gib es wieder her!' Dann setzte er einem jüngeren Mann nach, der versuchte, über die Straße zu entkommen. Dabei lief er mir fast in die Arme. Der ältere Mann gab die Verfolgung auf. Ich stellte den jungen Mann zur Rede. Er gab an, es, also vermutlich seine Beute, fallengelassen zu haben. Da ich nicht genau gesehen hatte, ob das den Tatsachen entsprach, und auch nicht gewusst hätte, was 'es' war, blieb mir nur, den Mann ziehen zu lassen.
Einige Tage später musste ich bei einer großen Behörde Unterlagen abgeben. Vor der Front der Behörde mit dem Haupteingang liegt ein etwas größerer Platz mit 'Sitzgelegenheiten'. Als ich auf den Platz zusteuerte, sah ich das etliche Leute von ihren Sitzgelegenheiten aufsprangen und begannen, sich heftig zu prügeln, teils unter Zuhilfenahme von Gegenständen. Ich lenkte mein Rad sofort um den Platz herum, weil ich nicht in die Auseinandersetzungen hineingeraten wollte.
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Ich suchte nach einem Abstellplatz für mein Rad an der Seitenwand des Gebäudes, wurde aber nicht fündig und kehrte zum Platz zurück. Dort waren schon zwei Mannschaftswagen und ein PKW der Polizei eingetroffen, die die Streitenden getrennt hatten und – wie auch immer – dafür gesorgt hatten, dass die Versammlung sich auflöste. Ein Polizist erklärte mir auf Nachfrage, dass die Polizei hier oft eingreifen müsse.
Ich komme manchmal morgens vor der Öffnungszeit an einer Apotheke vorbei, die für ihre Kundschaft unter einer Überdachung eine Sitzbank vor dem Schaufenster vorhält. Vor einigen Tagen sah ich das erste Mal, dass dort ein Mensch schlief – offenbar tief und fest. Er oder sie hatte eine leichte Decke über Kopf und Körper gezogen. Die Füsse schauten darunter hervor. An der Bank lag eine kleine Tasche.
An einer Haltestelle, an der ich nicht selten vorbeikomme, sah ich vor einigen Tagen – meiner Erinnerung nach – das erste Mal einen obdachlosen Menschen, eine Frau, 'rasten'. Sie hatte ihr Rad abgestellt, das sie vor lauter prall gefüllten Tüten nach meinem Ermessen nicht mehr fahren konnte. Sie litt offenbar auch noch an einer Gehbehinderung, denn sie führte auch noch zwei Krücken mit. Da ich dieses aufzeichne, fällt mir auf, dass ich in den letzten Monaten mehr obdachlose Frauen gesehen habe als zuvor. Ein Satz schießt mir durch den Kopf: 'Erbarmen! Leute. Erbarmen!'.
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