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Nr. 19/2019, Bremen, den 27.9.2019, Nr. 533,   17 Jahre kleinmexiko.de: Danksagung

Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (1)

        
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ALLTAG IN BREMEN
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WIEDER BESUCHT: NEUES AUS DEM TOTEN WINKEL (1)




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Ich sagte es schon: Das eigentliche Thema dieser Website ist die Erforschung der Beschaffenheit von Wahrnehmung. Eine wichtige Konstante der Feldforschung in der Großstadt ist, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass das, was man vor zwei Tagen noch wahrgenommen hat, heute noch Bestand vor Auge, Ohr und Nase hat. Also lautet das Motto 'Wieder besuchen!' Ich sagte schon vor ein paar Wochen auch noch etwas weiteres.

  Es kann in einem solchen Zusammenhang manchmal hilfreich sein, sich ein Motto zueigen zu machen, das viele Menschen noch aus einer Verfilmung der Spörlschen 'Feuerzangenbowle' kennen. Es lautet so ungefähr:'Stelln mer uns mal janz dumm. Wat is 'n Dampfmaschin?' Mit dieser vorgetäuschten Ahnungslosigkeit habe mich wieder dem eingezäunten 'toten Winkel' am Rande des Bahnhofsvorplatz genähert, den ich in Umbrüche (20) beschrieben habe.


Ein Aushang am Tor zum eingezäunten toten Winkel zwischen Fußgängerbrücke, Radweg/Straße und Bahnhofsvorplatz in Bremen
Ein Aushang am Tor zum eingezäunten toten Winkel zwischen Fußgängerbrücke, Radweg/Straße und Bahnhofsvorplatz in Bremen.

Und siehe da: Ein vorher nicht vorhandener Aushang gibt etliche Informationen über dieses Fleckchen Erde. Zunächst erfährt der Leser (also ich), um was es sich bei diesem umzäunten Terrain handelt. Es ist ein Szenetreff. Aber was ist ein Szenetreff? Nicht so schnell! Die erste Frage müsste lauten: Was ist eine 'Szene'? Da hilft das Bedeutungswörterbuch des Duden, Mannheim / Zürich, 4. Auflage, 2006, S. 833, weiter: Eine Szene ist dort definiert als '' Schauplatz einer [Theater]handlung, Bühne; Auftritt (als kleinste Einheit eines Dramas) (....) Vorgang, Hergang; Ansicht , Anblick; theatralischer Auftritt; Streiterei, Vorhaltungen''. Als etymologische Ur-Wurzel des Wortes Szene wird das griechische Wort ''skené'' gesehen, das ''Zelt; Laube, Hütte; Bühne, Szene'' bedeutet. Schließlich weisen die Autoren auf eine moderne Bedeutungsvariante hin: ''Unter Einfluss von entsprechend engl.-amerik. scene wird 'Szene' in der 2. Hälfte des 20. Jh.s auch im Sinne von 'Milieu, Umfeld' gebraucht, beachte Zusammensetzungen wie 'Drogenszene', 'Terroristenszene', 'Wahlkampfszene'. '' Das ist viel Futter für den Nachdenker.

Der Ort hat tatsächlich etwas von einem Theater. Ich sagte schon: Die kahle, gepflasterte Böschung unter der Brücke ist mit terrassenförmig angeordneten Sitzbänken versehen worden, die einem großen 'Publikum' Platz bieten würden. Aber das 'Publikum' – woraus auch immer es bestehen mag – schaut nicht auf den Fahrradweg und die Straße sondern auf bunte Sichtblenden. Die gedachte Bühne könnte bestenfalls das sehr schmale Stückchen Pflaster zwischen Sitzbänken und Sichtblende sein.

 
Was könnte hier von wem für wen gespielt werden? Geht es gar - wie im 'bürgerlichen' Theater - um Sehen und Gesehen-Werden? Man weiß es nicht. Bleibt also letztlich die Frage danach, welches 'Publikum' sich hier trifft. Das Publikum wird immerhin als 'Liebe Gäste' bezeichnet. 'Gästen' bietet man einen 'gastlichen' Ort an. Bei aller Liebe kann man aber die Gastlichkeit dieses Ortes doch als ein wenig 'entwicklungsfähig' bezeichnen. Nun ist aber auf Anreden wie 'Liebe Gäste' nicht immer Verlaß: Schließlich werden die Besucher der Arbeitsagentur auch als 'Kunden' bezeichnet. Aber immerhin verrät der Aushang, dass der Ort – wie auch immer – 'umgebaut' werden soll. Momentan ist seine Anmutung noch ziemlich nahe an der Urbedeutung von Szene als '' Zelt; Laube, Hütte''.

Er verrät noch mehr: Man erfährt, wer mit diesem Umbau wenigstens soweit in Verbindung steht, dass er den 'Gästen' Informationen darüber geben kann. Die Gäste können sich 'an die Streetworkerinnen oder an die Bahnhofsmission' wenden. Die Aussage erlaubt in Verbindung mit dem Wörterbucheintrag wenigstens grobe Schlüsse darauf, wer die 'Gäste' sind. Wenn 'Szene' im Sinne der Bedeutungsvariante verstanden werden kann, die unter dem Einfluss des englisch-amerikanischen scene entstanden ist, könnten die 'Gäste' Menschen sein, die wie Angehörige der Drogenszene Ziel sozialarbeiterischer Betreuung sein können. Ja, man kann sogar auf den Gedanken kommen, dass diesen Menschen etwas fehlen wird, wenn diese Betreuung an einem solchen Treffpunkt nicht in der gewohnten Form stattfindet: Der bedauernde Unterton von 'Vielen Dank für Ihr Verständnis' deutet darauf hin.

Fortsetzung: Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (2)

Vgl. auch:

Foto-Notizblock: Armut in der Bremer City sichtbarer (1)

Foto-Notizblock: Armut in der Bremer City sichtbarer (2)

Umbrüche (20)

Fotonotizblock: Arme in Bremer City unsichtbarer (1)

Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (2)

Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (3)

Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (4)

Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (5)

Wieder besucht: Neues aus dem toten Winkel (6)



 
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