Früher habe ich gelegentlich unter dem Titel 'Fürs Netz schreiben' ein wenig Hintergrundinformationen aus meinem Redaktionsstübchen preisgegeben. Einige Denkwürdigkeiten, die mir in letzter Zeit zugestoßen sind, haben mich bewogen, nach langer Zeit einmal wieder eine Herausgeberkolumne zu schreiben.
Großstädte, Landeshauptstädte insbesondere, schenken dem Alltagsbeobachter das zweifelhafte Glück, Politikern näher zu kommen, als man es vielleicht möchte. Über derartige Begegnungen möchte ich berichten, obwohl Politik nicht mein Thema ist. So stieß ich neulich in einem Geschäft auf zwei Männer, die offenbar in der Politik aktiv waren. Die beiden Herren fühlten sich zu Unrecht unbeobachtet und redeten unbefangen drauflos. Der Kleinere von beiden, offenbar ein Kommunalpolitiker, sagte sinngemäß, nach bisheriger Planung finde eine Bürgerversammlung zeit- und ortsgleich mit der Sitzung eines Kommunalparlamentes statt Er schlug dem Größeren vor, man solle doch Bürgerversammlung und Parlamentssitzung 'zeitlich entzerren'. Das Kommunalparlament werde Beschlüsse fassen, die dem voraussichtlichen Willen der versammelten Bürger widersprechen würden. Da seien Konflikte vorhersehbar. Während der kleinere Mann dies alles vorbrachte, schaute er dem größeren mit einer Mischung aus Listigkeit und Unterwürfigkeit an. Der Größere war offensichtlich nicht nur der körperlich Größere. Welche Antwort dieser gegeben hat, kann ich nicht überliefern: Ich habe mich diskret entfernt.
Dieses kleine Erlebnis ist Auslöser dafür gewesen, auch zwei weitere mitzuteilen, die ungefähr in denselben Zeitraum wie das schon berichtete fallen.
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Ein Autor in meiner Lage sollte immer mehr wissen, als er schreibt. Und so muss ich manchmal auch bei Behörden nachfragen und -forschen. Ganz selten kommt es vor, dass zum Beispiel erst jemand aus dem Personenzirkel um eine Landesregierung die rechte Antwort weiß. In einem dieser raren Fälle kam ich mit einem solchen hohen Herrn ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass er aus einem Winkel unseres Landes stammt, in dem auch ich mich ein wenig auskenne. Ich weiß zum Beispiel, dass dort noch von vielen Menschen Dialekt gesprochen wird. Und so fragte ich den Herrn etwas naiv, ob auch er denn diesen Dialekt spreche. Kühl beschied er mir, dass er vor vielen Jahren zuletzt ein paar Worte in dieser Mundart gesprochen habe. Sinngemäß sagte er dann weiter: Er beherrsche sie ohnehin nicht und es habe sich auch als richtig erwiesen, dass es der Karriere hinderlich sei, wenn man sich in dem Zungenschlag ausdrücke.
Neulich wurde ich nach nun fast zwanzig Jahren Autorentätigkeit das erste Mal gefragt, ob ich denn als sachkundiger Gast an einer Diskussionsveranstaltung teilnehmen wolle. Die Veranstaltung stand unter einem Thema, mit dem ich mich auch schon beschäftigt habe. Texte und Fotos aus meiner Werkstatt sollten gezeigt werden und ich sollte Rede und Antwort stehen. Bei einem Vorgespräch mit den offenbar sozialistisch angehauchten Veranstaltern war viel die Rede vom vermeintlichen künstlerischen Wert meiner Arbeit und vom sozialen Einsatz, der angeblich in ihnen zum Ausdruck komme. Am Ende wurden mir fünfzig Euro Aufwandsentschädigung angeboten nicht ohne den Hinweis, dass ich ja durch die Teilnahme an der Veranstaltung an Bekanntheit gewönne. Ich habe abgesagt.
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