Erst jetzt gelingt es mir, ein wenig innezuhalten und der Tatsache zu gedenken, dass der Verlag, der diese Website betreibt, am 4.12.2021 fünfundzwanzig Jahre besteht. Für die Jahre 1996 bis 2009 ist die Geschichte des Unternehmens etlichen DIN A 6-Chinakladden mit dem Titel 'Verlagstagebuch' ziemlich gut dokumentiert. Ab 2011 bis heute führe ich ein sogenanntes 'Logbuch', das in ähnlicher Weise mein Leben etwas breiter auf DIN A4 -Seiten dokumentiert. Auch im Logbuch spielt die Arbeit eine nicht geringe Rolle, aber wenn ich in den ersten Jahren mehr das Organisatorische, also den Aufbau, mit mir selbst verhandelt habe, so stehen in den letzten Jahren Inhalte verschiedener Art mehr im Vordergrund.
Jemand, der den Aufbau als Beobachter ziemlich nah miterlebt hat, ohne beteiligt zu sein, sagte mir damals den schönen Satz: 'Du machst alleine das, wozu andere Firmen ganze Stäbe haben.' Die Aufzeichnungen aus den ersten Jahren verströmen auch den aus heutiger Sicht etwas verstörenden Stress jener Tage, eine Anstrengung, der ich fünfundzwanzig Jahre später wohl nicht mehr so ganz gewachsen wäre.
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Die Anstrengungen, denen ich heute ausgesetzt bin, sind notwendigerweise anderer Natur. Ich habe über ein Vierteljahrhundert die hiesige Stadtgesellschaft beobachtet und auf meine Weise dokumentiert. Dabei habe ich viele, vor allem soziale Widersprüche gesehen, die von keinem einzelnen Menschen, keinem Verein, keiner Partei, keinem Parlament und keiner Regierung in einer Weise aufgehoben werden könnten, dass die widerstreitenden Elemente auch nur ansatzweise miteinander versöhnt werden könnten.
Diese Spannung im Kopf ist etwas, das ich nicht leicht aushalten kann und doch – warum und wie auch immer – aushalte, weil ich nicht imstande bin, mich einer Idee anzuschließen, die falschen Frieden verkündet, indem sie mit sanfter oder grober Gewalt etwas in seinem Widerspruch Störendes beiseite schiebt. Die ganzen Wörter, Sätze und Bilder in meinem Kopf, die ich auf meine Weise über die Jahre teilweise in Hefte und Webseiten umgewandelt habe, lassen es durch ihre bloße Gegenwart nicht zu, unter falschen Parolen begradigt zu werden. Und so muss ich mit der verwirrenden Fülle leben. Und da ich weiß, dass ich es muss, kann ich es auch.
Mehr möchte ich dazu nicht schreiben.
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